

Strategie & Governance
Ökologisch und ökonomisch zukunftsfähig
Ökologisch und ökonomisch zukunftsfähig
Im Gespräch erklären die vier Mitglieder der KHS-Geschäftsleitung, auf wie vielfältige Weise das Thema Nachhaltigkeit ihr Unternehmen prägt – von der Unternehmensstrategie über den eigenen Energie- und Ressourcenverbrauch, das Verpackungsportfolio für Kunden bis hin zur Personalpolitik.
Welchen Stellenwert haben Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Unternehmensstrategie der KHS?
Kai Acker: Auch wenn wir als Maschinenbauer im Rahmen der CO2-Diskussion sozusagen in der zweiten Reihe stehen, nimmt der Stellenwert des Themas auch für uns kontinuierlich zu – das ist doch klar. Wir tragen einerseits dazu bei, dass unsere Kunden mit nachhaltigen Verpackungen von Getränken punkten können. Andererseits loten wir alle Möglichkeiten aus, im Rahmen unserer eigenen Wertschöpfung Emissionen zu reduzieren und Ressourcen zu schonen.
Wir loten alle Möglichkeiten aus, um im Rahmen unserer eigenen Wertschöpfung Emissionen zu reduzieren und Ressourcen zu schonen.
Welche Leuchttürme kann KHS in diesem Zusammenhang vorweisen?
Kai Acker: Unser direkter Beitrag im Rahmen des betrieblichen Umweltschutzes besteht eher aus der Summe vieler kleiner Schritte als aus spektakulären Leuchttürmen. Seit vielen Jahren reduzieren wir mit Hilfe unserer Modernisierungskonzepte konsequent unseren Energie- und Ressourcenverbrauch und recyceln, wo immer es möglich ist – diese Anstrengungen werden wir fortsetzen. Als globales Unternehmen werden wir diese Themen künftig auch international noch stärker spielen, zum Beispiel in Brasilien und den USA.
Dr. Johannes T. Grobe: In Indien etwa fahren wir schon heute weitreichende Nachhaltigkeitsprogramme. Dazu gehören zahlreiche Initiativen, die über die Themen Recycling, Energieeinsparung und Kreislaufwirtschaft hinaus ganz gezielt auf Grüne Energie setzen und so auf den Klimaschutz einzahlen.
Kai Acker: Einen indirekten, aber größeren Beitrag erzielen wir mit den innovativen Behälter- und Verpackungslösungen, die wir entwickelt haben und die Kunden auf unseren Maschinen herstellen. Denken Sie nur an das Nature MultiPack, das ganz ohne Schrumpffolie auskommt, oder an Plasmax, die derzeit einzige recyclingfähige Barriere für Kunststoffflaschen, die das Recycling sortenreinen PETs ermöglicht. Auch unsere Fortschritte beim Lightweighting, der Gewichts- und Materialreduzierung bei PET-Flaschen, sprechen für sich. Überlegen Sie nur einmal, wie viele zigtausend Flaschen bei unseren Kunden pro Stunde entstehen. Wenn Sie sich dann vorstellen, dass wir das Gewicht einer Flasche zum Beispiel um zwei oder drei Gramm reduzieren, dann können Sie schnell ausrechnen, wie viel PET hier eingespart wird. Hier ist der Impact, den wir haben, deutlich größer als zum Beispiel bei der Installation von LED-Beleuchtung in unseren Produktionshallen und Büros.
Welche ganz konkreten Ziele hat sich KHS auch über 2025 hinaus auf die Fahne geschrieben?
Beate Schäfer: Wir diskutieren innerhalb des Salzgitter-Konzerns aktuell über die Möglichkeiten, bei der Science-Based-Targets-Initiative1 mitzuwirken. In der Stahlindustrie, in der unser Konzern überwiegend tätig ist, gibt es Maßnahmen und Ziele, mit deren Hilfe die Reduzierung des Ausstoßes an Treibhausgasen vorangetrieben wird. Auch für KHS haben dieses Thema und seine Transparenz eine wachsende Relevanz.
Wenn wir unsere Unternehmensziele mit möglichst geringem Ressourceneinsatz dauerhaft erreichen, ist das gut für die Umwelt und für unsere Stakeholder.
Was bedeutet nachhaltige Unternehmensführung bezogen auf KHS und inwiefern ist diese ein Erfolgsfaktor für Ihr Unternehmen?
Martin Resch: In meiner Verantwortung für Finanzen, Einkauf, Logistik und IT zeichnet sich nachhaltige Unternehmensführung für mich besonders dadurch aus, unsere Unternehmensziele mit möglichst geringem Ressourceneinsatz dauerhaft zu erreichen. Wenn wir uns daran orientieren, ist das sowohl für die Umwelt gut als auch für unsere Stakeholder. Lassen Sie mich das an zwei Beispielen festmachen.
Denken Sie zum einen an die internationalen Standorte der KHS: In unseren fünf Produktionsstätten außerhalb Deutschlands erfolgen Produktion und Service dezentral und kundennah. So vermeiden wir überflüssige Transporte und können unsere Beschaffung lokal organisieren – ohne ein System von halbfertigen Erzeugnissen, die rund um den Globus hin und her verschickt werden. Das hat nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen kulturell nachhaltigen Effekt.
Zum anderen hat uns die Coronakrise vor die Herausforderung gestellt, unsere weltweite Zusammenarbeit anders zu organisieren. Das hat zu erheblichen Ressourcen- und Kosteneinsparungen geführt, die wir verstetigen wollen. 2020 sehen wir zum Beispiel bei den Reisekosten einen Rückgang um 40 Prozent gegenüber 2019. Wenn es uns gelingt, die Hälfte davon über die Pandemie hinaus dauerhaft einzusparen, ohne unseren Kundenkontakt zu verdünnen, dann leisten wir einen nennenswerten Beitrag zur Entlastung der Umwelt und zu nachhaltiger Unternehmensführung.
Wie gelingt es den Kunden von KHS, bei der Verpackung Convenience, Produkt- und Umweltschutz in Einklang zu bringen?
Dr. Johannes T. Grobe: Betrachten wir doch zunächst die Kunden unserer Kunden – also die Verbraucher: Wie entwickelt sich ihr Käuferverhalten? Die Verpackung soll gleichzeitig Bedürfnisse nach Leichtigkeit, Wiederverschließbarkeit und Unzerbrechlichkeit erfüllen. Zudem rückt der Aspekt der Umweltverträglichkeit immer stärker in den Vordergrund. Aber ist die Verpackung wirklich der alleinige Treiber des Klimawandels? Häufig gerät in Vergessenheit, dass weltweit rund 30 Prozent aller Lebensmittel verderben und weggeworfen werden. Das sorgt für acht Prozent des globalen Ausstoßes an Treibhausgas. Mit ihrer Schutzfunktion sorgt die Verpackung doch für die Langlebigkeit von Lebensmitteln und Getränken und trägt damit auch zu einer Reduzierung des CO2-Footprint bei. Das sind die zwei Seiten der Medaille.
Für uns als KHS lautet das Gebot der Stunde deshalb Reduzieren und Recyceln entlang unserer Wertschöpfungskette. Wir müssen ökologisch und ökonomisch zukunftsfähig bleiben.
Was bedeutet das für die Anforderungen der Kunden an KHS?
Dr. Johannes T. Grobe: Zunächst einmal werden die Anforderungen an unsere Kunden immer komplexer, weil sie nicht nur wie gerade beschrieben von den Endkunden getrieben sind, sondern beispielsweise auch durch Gesetzgeber und Finanzmärkte. Für uns als KHS lautet das Gebot der Stunde deshalb Reduzieren und Recyceln entlang unserer Wertschöpfungskette. Wir müssen ökologisch und ökonomisch zukunftsfähig bleiben. Wir unterstützen zum Beispiel mit unserem Beratungsprogramm für Getränkebehälter Bottles & Shapes unsere Kunden dabei, weniger Glas, PET und Weißblech einzusetzen und gleichzeitig die Haltbarkeit ihrer Produkte zu verlängern und dabei Ressourcen einzusparen. Das ist ein wichtiger Schritt, langfristig Emissionen zu senken.
Wie unterstützt KHS die Nachhaltigkeitsziele seiner Kunden ganz konkret – sowohl im Neumaschinengeschäft als auch im After-Sales-Bereich?
Dr. Johannes T. Grobe: Auch unsere Maschinen selbst tragen zur Reduzierung des CO2-Footprints maßgeblich bei: Unsere neue Streckblasmaschine InnoPET Blomax Serie V zum Beispiel senkt den Stromverbrauch um bis zu 40 Prozent und nutzt das Material effektiver, sodass bis zu 10 Prozent PET eingespart werden können. Auch im Bereich der Sekundärverpackung haben wir ein Portfolio an Lösungen entwickelt, mit denen unsere Kunden zum Beispiel der Plastikdiskussion entgegentreten können: Dazu zählen etwa das von Kai Acker eben erwähnte Nature MultiPack ebenso wie die Möglichkeit, Getränkedosen in Papier einzuschlagen oder mit einem Kartonclip zu Packs zu verbinden.
Im After-Sales-Bereich bringen wir mit unserem Bottles & Shapes-Programm das marktgerechte Design der Behälter mit einem perfekten Linienverhalten sowie der effizienten Nutzung von Energie und Werkstoffen ins Gleichgewicht. Mit Upgrades zur Modernisierung von Einzelmaschinen bis hin zu kompletten Linien führen wir mit unseren Kunden Effizienzsteigerungsprogramme durch und erreichen eine Langlebigkeit der Maschinen von durchschnittlich 20 Jahren – auch das ist ein Beitrag zur Reduzierung des CO2-Footprint.
Wie unterscheidet sich die Situation für ein global tätiges Unternehmen von Region zu Region?
Dr. Johannes T. Grobe: Die Entwicklung mag sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit vollziehen, kommt aber auch in Ländern wie den USA, wo das Thema PET bisher kaum eine Rolle gespielt hat, verstärkt zum Tragen. Unsere Kunden definieren Klimaziele und versuchen, diese auch in ihrer Wertschöpfungskette abzubilden. Da passt es gut, dass wir uns schon frühzeitig aufgestellt haben, wie Martin Resch es bereits beschrieben hat: kurze Wege und geringer Ressourcenverbrauch durch die lokale Präsenz in strategisch wichtigen Märkten.
Wo sehen Sie KHS zwischen Reaktion und Eigeninitiative?
Dr. Johannes T. Grobe: Auf der Maschinenseite sind wir schon lange eigeninitiativ unterwegs – denken Sie nur an das Nature MultiPack oder die Plasmax-Technologie einer recycelfähigen Barriere für PET-Behälter. Auch in unseren Produktionsprozessen steht Nachhaltigkeit im Sinne einer Kette der kleinen Schritte seit vielen Jahren auf der Agenda. Hinsichtlich unseres globalen Fußabdrucks haben wir zunächst unter dem Aspekt der Marktnähe damit begonnen, uns frühzeitig mit Produktions- und Servicekapazitäten weltweit aufzustellen. Das erweist sich jetzt auch unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit als Vorteil. Auch wenn das Thema bisher in unserer Branche noch keinen Eingang in Verträge findet, werden Klimaziele und dementsprechende Initiativen durch unsere Kunden immer stärker abgefragt und als Voraussetzung für die Zusammenarbeit gesehen.
Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für Mitarbeiter im Maschinen- und Anlagenbau und speziell bei KHS?
Beate Schäfer: Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. In einer Zeit, in der sich Unternehmen eher bei potenziellen Kandidaten bewerben als umgekehrt, kann sie das Zünglein an der Waage sein – gerade im Maschinenbau, dem von vielen Berufseinsteigern ein oftmals noch staubiges und wenig nachhaltiges Image zugeschrieben wird. Dabei ist vieles im Umbruch: Die Digitalisierung sorgt dafür, dass wir künftig ganz andere Qualifikationen brauchen als in der Vergangenheit. Ein Unternehmen besteht jedoch nicht nur aus einer Generation: Neben den Digital Natives2 haben wir auch die Babyboomer3 an Bord, und alle erbringen ihren Beitrag.
Die Qualifikationen in technischen Berufen werden sich unter dem Aspekt von Nachhaltigkeit verändern – ähnlich wie wir es bei der Digitalisierung erlebt haben.
Auch der Bereich Aus- und Weiterbildung trägt maßgeblich zum nachhaltigen Profil eines Unternehmens bei. Wie hat sich KHS hier aufgestellt?
Beate Schäfer: Unser Ausbildungsangebot betrachten wir unter dem Nachhaltigkeitsaspekt der sozialen Verantwortung. Auf der einen Seite ist unser Engagement gesellschaftlich relevant, auf der anderen Seite gibt es uns selbst die Gelegenheit, unseren Nachwuchs sehr spezifisch zu entwickeln, junge Menschen kennenzulernen und diese sehr früh an unser Unternehmen zu binden.
Auch im Bereich der Weiterqualifizierung bieten wir unseren Mitarbeitern mit dem KHS Campus eine sehr nutzerfreundliche Plattform, die dem unbürokratischen Umgang mit einem vielfältigen Weiterbildungsangebot bei KHS entspricht.
Inwieweit erfordert das Thema Nachhaltigkeit besondere Qualifikationen, zum Beispiel in technischen Berufen?
Beate Schäfer: Die Anforderungen werden sich unter dem Aspekt von Nachhaltigkeit künftig verändern, so, wie wir das auch im Zuge der Digitalisierung sehen. Aus meiner Sicht ist das ein ganz normaler Prozess: Die Entwicklung müssen wir im Auge behalten, um alles Notwendige in diese Richtung rechtzeitig anzuschieben. Bedenken Sie zum Beispiel, dass wir alleine in der Ausbildung einen Vorlauf von drei oder vier Jahren haben. Das heißt, Sie müssen heute antizipieren, was in ein paar Jahren aktuell ist – das ist schon eine gewisse Herausforderung, der wir uns bewusst sind.

Zur Person
Kai Acker
Nach Tätigkeiten in der Chemischen Industrie, die ihn unter anderem für gut zwei Jahre nach Indonesien führten, war der gelernte Energieelektroniker und Ingenieur für Elektrotechnik 5 Jahre bei Krones beschäftigt. Seit 2012 war er Geschäftsführer der LEONI Special Cables GmbH und seit Oktober 2018 ist der 52-Jährige Vorsitzender der Geschäftsführung von KHS.
Dr. Johannes T. Grobe
Der 1998 an der RWTH Aachen promovierte Informatiker war lange für Bosch Rexroth tätig, beispielsweise als Geschäftsführer am Standort Indien. Seit 2015 war er Senior Vice President Sales & Marketing Paint and Final Assembly System bei Dürr Systems, bevor der heute 55-Jährige im April 2019 als Geschäftsführer Sales und Service bei KHS eintrat.
Martin Resch
Von 2005 bis 2011 war der Diplom-Kaufmann bei den Klöckner-Werken beschäftigt – seit 2009 als Generalbevollmächtigter und Leiter Controlling und Rechnungswesen. Zwischen 2011 und 2015 war er als Geschäftsführer bei Salzgitter Mannesmann tätig. In der KHS-Geschäftsführung verantwortet der 54-Jährige seit 2016 die Bereiche Finanzen, Einkauf, Logistik und IT.
Beate Schäfer
Nach Stationen bei Gildemeister und Adam Opel kam die Juristin 2008 zum Salzgitter-Konzern, hier war sie unter anderem als Leiterin Controlling Personal und als Mitglied der Geschäftsführung und Arbeitsdirektorin der Salzgitter Flachstahl tätig. Seit Anfang 2021 ist Schäfer in der Geschäftsführung von KHS für Personal zuständig.
1Die Science-Based-Targets-Initiative unterstützt Unternehmen dabei, wissenschaftlich fundierte Emissionsreduktionsziele auf Basis des Pariser Klimaabkommens von 2015 festzulegen.
2Digital Natives = Angehörige der Generation, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind.
3Babyboomer = Angehörige der Generation, die zu Zeiten steigender Geburtenraten nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden.